Geschichten aus dem Madeira der 70er Jahre

erlebt von einer deutschen Auswanderin

Es war in der Vorweihnachtszeit. Funchal hatte sich in diesem Dezember des Jahre 1979 ganz toll heraus geschmückt. Überall erklang Weihnachtsmusik und die Großfiguren auf der Avenida Arriaga erinnerten an Walt Disney.

Das Erlebnis einer Auswanderin aus den 70er Jahren erinnert fast an eine Verwechslungskomödie. Was war geschehen:

Die Madeirenser waren in Weihnachtsstimmung. Es wurde für das große Fest eingekauft, was die Geldbörsen hergaben. Schließlich hat man zu Weihnachten gegenüber der Familie Verpflichtungen. Reihum besuchte man sich. So war auch der Supermercado Bach, der damals an der Avenida Arriaga gegenüber der Sé gerade eröffnet hatte, stark frequentiert.

In dieser vorweihnachtlichen Zeit wurde auch für das Bach-Festival geworben, das in der Kathedrale vom Mäzen Gulbenkian gegeben werden sollte. Der Gulbenkian-Chor, eine weltbekannte kulturelle Einrichtung, übte fleißig in der großen Kirche. Überall auf Madeira wurde für diese festliche Veranstaltung geworben. Auch in den kleinsten Dörfern hingen entsprechende Plakate.

Jetzt muss man wissen, dass zur damaligen Zeit viele Menschen, vor allem solche vom Lande, nicht lesen konnten. So wurde von Mund zu Mund weiter gegeben, „das Bach“ in die Sé einlädt. Natürlich dachten die Madeirenser weniger an Kunst, mehr an Geschenke. Immerhin hatte der Supermercado Bach erst kürzlich geöffnet.

So strömten sie dann, fein angezogen, in die Kirche und harrten der Dinge, die da kommen sollten.

Es kam wie geplant. Der Gulbenkian-Chor gab sein Repertoire zum Besten. Das anwesende Bürgertum war begeistert. Doch bei dem einfachen Volk war die Enttäuschung groß. Sie hatten sich was anderes, handfestes, erhofft. In der großen Pause leerte sich das Gotteshaus, und das Konzert ging mit rund 80 Leuten weniger weiter.